im Archiv der Franckeschen Stiftungen zu Halle
Einführung
1706 begann in der kleinen dänischen Handelskolonie Tranquebar in Südindien die Dänisch-Hallesche Mission. Die beiden ersten Missionare waren Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau, die beide dem halleschen Waisenhaus eng verbunden waren. Die Korrespondenzen und Journale der Dänisch-Halleschen Mission, die bis in das 19. Jahrhundert reichen, bilden heute die Indienabteilung im Missionsarchiv der Franckeschen Stiftungen. Im Rahmen der Missionsarbeit gelangten auch indischsprachige Manuskripte nach Halle, überwiegend in Tamil und Telugu. Ein Großteil dieser Manuskripte befindet sich in der Palmblatthandschriftensammlung des Archivs.
Ziegenbalg und seine Nachfolger beschäftigten sich intensiv mit dem südindischen Kulturkreis. Sie widmeten sich auch der Übersetzung von Bibeltexten, Kirchenliedern, Gebeten und wichtigen pietistischen Schriften in die Landessprachen. Die Übersetzungen brachten sie jedoch nicht zu Papier, sondern in die landesübliche Literaturform, auf Palmblätter. Das erleichterte ihnen den Zugang zu ihren indischen Zuhörern, denen sie so die christliche Botschaft mittels eines Mediums nahe brachten, das ihnen vertraut war. Auf diese Weise entstand eine große Anzahl indischsprachiger Palmblattmanuskripte. Die Missionare schickten sie als Belege ihrer Arbeit zurück nach Europa. In Halle wurden sie sorgsam aufbewahrt und zunächst als Kuriosität im Kunst- und Naturalienkabinett des Waisenhauses gezeigt, später an die Hauptbibliothek abgegeben und schließlich in das Archiv überführt. Dort werden sie heute als größte europäische Sammlung dieser Art aufbewahrt mit insgesamt etwa 100 Bündeln Tamilmanuskripten und 160 Bündeln Telugumanuskripten. Weitere tamilsprachige Dokumente befinden sich als Papiermanuskripte in den regulären Faszikeln des Missionsarchivs.
Im Rahmen der Kooperation zwischen den Franckeschen Stiftungen und dem Gurukul Lutheran Theological College in Indien erschloss Dr. Daniel Jeyaraj alle tamilsprachigen Manuskripte im Stiftungsarchiv. Das Ergebnis sind die drei Kataloge, die nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Frau Dr. Erika Pabst hat die Katalogisate überarbeitet, redigiert und ergänzt. Sie hat zudem die unentbehrlichen Orts-, Personen- und Bibelstellenregister erstellt und die Internetpräsentation vorbereitet. Herr Dr. Jürgen Gröschl hat die Internetpräsentation mit den entsprechenden Online-Recherchemöglichkeiten konzipiert. Herr Matthias Finke hat diese realisiert. Ihnen allen gebührt besonderer Dank, weil sie als Mitarbeiter des Archivs dieses Projekt neben ihren anderen Aufgaben zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben.
Dr. Thomas Müller-Bahlke
- Direktor der Franckeschen Stiftungen -